Umso interessanter ist das gesamtwirtschaftliche Bild und die daraus resultierende Ausrichtung der Portfolien für das Jahr 2023. Eine der spannendsten Fragen ist, wie schnell und auf welches Niveau die Inflationsraten nachgeben. Wie wird der weitere Zins-Pfad der Notenbanken sein?
Ebenso wichtig wird für Marktteilnehmer allerdings die Frage nach dem Ausmaß der anstehenden Rezession und wieviel davon bereits eingepreist ist. Ein schwächerer Arbeitsmarkt wäre ein Faktor für nachhaltig fallende Inflationsraten, da der Lohndruck bisher kaum nachgegeben hat.
Eine tiefe Rezession allerdings kann ebenfalls nicht im Interesse der Notenbanken liegen. Es wird daher für FED und EZB ein Drahtseilakt, auf welchem Niveau die Zinserhöhungen enden und wie lang sie dort verharren. Zunächst einmal ist das neue Jahr ein Krisenfolgejahr, was statistisch gesehen Grund zur Hoffnung bedeutet. Ein freundliches Markt-Szenario wäre eine Entspannung der bekannten Belastungsfaktoren, wie beispielsweise ein milder Rezessionsverlauf, stabile, aber abkühlende Arbeitsmärkte, Entspannung im Russland-Ukraine-Krieg und tendenziell sinkende Inflationsraten und damit der Höhepunkt der Zinsentwicklungen in USA und Europa. Andererseits bleiben uns die bekannten Krisenherde als Belastung erhalten. Notenbanken, die im Kampf gegen die Preisteuerung übersteuern, d.h. die Leitzinsen zu lange oben halten und damit die Rezession zusätzlich vertiefen und den Arbeitsmarkt stark unter Druck bringen.
Ein zusätzlicher Konflikt, wie z.B. China-Taiwan, würde zudem die ohnehin negative Marktstimmung zusätzlich belasten. Bleiben wir bei den positiven Aspekten: Es gibt seit langem wieder Zinsen bei bonitätsstarken Anleihen. Für die daraus resultierenden, attraktiveren Renditen oberhalb von 4% für Euro- und 5% für USD-Anleihen mittlerer Laufzeiten müssen die Anleger nun deutlich weniger Risiko eingehen als noch vor Jahresfrist. Insgesamt sollte sich der Rentenmarkt im neuen Jahr beruhigen. Zusammen mit dem Ende der Zinsanhebungen sollte dies zu attraktiven Kurschancen im festverzinslichen Segment führen.
In diese Richtung haben wir die Anleiheseite der Kundenportfolien zuletzt deutlicher positioniert und werden dies fortsetzen. Die internationalen Stimmungsindikatoren an den Kapitalmärkten sind zudem weiterhin schwach. Niedrige Aktieninvestitions- und hohe Cash-Quoten der institutionellen Anleger sprechen für eine Erholungstendenz.
Das muss aber nicht direkt einen neuen Bullenmarkt ankündigen, erfahrungsgemäß benötigen Bodenbildungen nach ausgeprägt schwachen Aktienjahren Zeit. Die Schwankungen werden daher vorerst noch hoch bleiben. Bei Aktieninvestments fokussieren wir uns aufgrund der Rezessionsgefahren bewusst auf Qualität über alle Segmente, die wir an schwachen Tagen bewusst antizyklisch aufbauen möchten. Wir positionieren uns dabei für einen mittelfristigen Investmenthorizont. Das Technologiesegment, welches am stärksten unter der Zinssituation gelitten hat, sollte bei einem absehbaren Ende des Zinszyklus besonders deutlich profitieren können.
Ebenso rückt der Bereich der globalen kleinen- und mittelkapitalisierten Unternehmen wieder in den Anlegerfokus, sobald eine wirtschaftliche Besserung spürbar wird. Wir setzen bewusst auf die Chancen, die sich zukünftig aus den bekannten Belastungen des Jahres 2022 ergeben haben und glauben, dass ein Großteil der Belastungsfaktoren in den aktuellen Marktständen bereits eingepreist ist, wir die Tiefpunkte weitestgehend gesehen haben. Wir halten somit fest: 2023 wird chancenreich und sicherlich wieder herausfordernd.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und uns ein erfolgreiches, gesundes und interessantes Jahr 2023.