Das erste Quartal 2022 war von erheblichen Turbulenzen sowie einer geopolitischen Zeitenwende geprägt. Zur bereits intensiven Diskussion über eine angepasste Geldpolitik der Notenbanken kam Ende Februar mit dem russischen Angriff auf die Ukraine ein neuer scharfer Belastungsfaktor für die Märkte hinzu.
Wurde zu Jahresbeginn noch von einer zeitnahen diplomatischen Lösung mit Putin ausgegangen, die wenig wirtschaftliche Effekte nach sich gezogen hätte, so mussten die Marktteilnehmer aufgrund der heftigen und anhaltenden kriegerischen Handlungen und der damit verbunden Sanktionen gegen Russland ihr Weltbild neu ordnen. Der gesamte Rohstoffsektor, insbesondere aber fossile Energieträger und Agrargüter, zeigten daraufhin enorme Preissprünge.
Die Kombination aus den hohen Energiekosten und einer Verknappung der Industrie- und Agrarrohstoffe führte zu Befürchtungen, dass neben der enormen Kostenbelastung auch die globalen Lieferketten erneut unter Druck geraten können, die ohnehin pandemiebedingt schon seit geraumer Zeit fragil sind. Zudem zeigten sich auch vor dem Ukraine-Krieg schon inflationäre Tendenzen, die seitens der Notenbanken jedoch nur als temporäres Phänomen aufgrund der erfolgten Lockdowns aus den Vorjahren eingeordnet wurden. Die Teuerung sowohl in den USA als auch in Europa stieg im Berichtszeitraum dann aber deutlich auf über 7% an. Mit den neuerlichen Preisdaten erhöht sich der Handlungsdruck für die Notenbanken, schneller und stärker an der Zinsschraube zu drehen.
Während die FED bereits auf Ihrer Märzsitzung den Leitzins anhob und weitere Erhöhungen für dieses Jahr in Aussicht stellt, verhält sich ihr europäisches Pendant bisher noch zurückhaltend. Das Anleihe-Kaufprogramm wird jedoch auch von der EZB langsam zurückgefahren und ein positiver Leitzins ist zum Ende dieses Jahres durchaus realistisch. Die im Vergleich zur FED langsamere Gangart überrascht insofern nicht, da der Spielraum für höhere Zinsen in Europa begrenzt erscheint, insbesondere wegen der sehr hohen Verschuldung der südeuropäischen Länder und der Anfälligkeit der europäischen Wirtschaft im Falle eines Energieembargos.
Hohe Inflation bei kaum noch wachsender oder schrumpfender Wirtschaft bedeutet Stagflation. Dieses Szenario ist für die ohnehin gebeutelten Sparer und Besitzer von Einlagen eine weitere bittere Pille. Ein Kaufkraftverlust von 5-8% wird für die Bürger spürbar schmerzhafter werden, so dass Ausweichbewegungen in Sachwerte wahrscheinlich sind.
Es stellt sich die Frage, wie lange die kriegerischen Auseinandersetzungen die hohen Rohstoffkosten begünstigen bzw. wann eine Entspannung einsetzt. Die Rentenmärkte haben auf die neuen Situationen bereits mit heftigen Zinsanstiegen reagiert, was im Umkehrschluss zu entsprechenden Kursverlusten bei Bonds führte. Erstaunlich schnell haben sich dagegen die internationalen Aktienmärkte gefangen. Ausnahmen bilden der russische und chinesische Markt sowie das Segment der Small Caps und Technologieaktien. Gold konnte in diesem Umfeld Zugewinne verzeichnen und sollte bei einer Stagflation weiterhin im Fokus bleiben. China sorgt mit seiner anhaltenden Null-COVID-Strategie und den damit verbundenen Lockdowns ganzer Großstädte, wie derzeit in Shanghai, nicht zur Entspannung der globalen Lieferketten bei.
Somit werden die Marktteilnehmer die aktuelle Berichtssaison, allen voran die Ausblicke der Unternehmen, mit größter Aufmerksamkeit verfolgen, um die Auswirkungen der Preisentwicklung und Lieferketten auf die Gewinnmargen abschätzen zu können. Das Umfeld für Aktien bleibt herausfordernd. Die Märkte haben bereits viele der schlechten Nachrichten eingepreist, höhere Schwankungen werden uns jedoch erhalten bleiben. Die sich dadurch bietenden Chancen an den Märkten werden wir konstruktiv nutzen mit Fokus auf Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen und Preissetzungsmacht.