Das zweite Quartal war geprägt von der anhaltenden Unsicherheit über die weltweite COVID-19-Situation und den historisch einmaligen Maßnahmen der Regierungen und Notenbanken. Die beschlossenen Einschränkungen waren jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Während die Infektionszahlen in Teilen Europas, China, Japan und Südkorea nach einem konsequenten Eingreifen bisher beherrschbar blieben, eskalierte die Situation in Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen oder aufgrund verfrühter Lockerungen. In einigen Ländern nahm zuletzt die Dynamik sogar wieder zu und schürte die Angst vor einer zweiten Infektionswelle. Die USA steht als größte Volkswirtschaft hierbei besonders im Mittelpunkt der Berichterstattung. Je nach US-Bundesstaat liegen die Zahlen jedoch weit auseinander.
Die hohen zweistelligen Kursverluste des ersten Quartals mit Ihrem vorläufigen Tiefpunkt vom 18. März konnten im Berichtszeitraum zu großen Teilen sowohl am Aktien- als auch am Anleihemarkt wieder aufgeholt werden. Die Dynamik der Aufholbewegung überraschte dabei vor allem institutionelle Investoren. Auffallend waren hingegen die hohen Transaktionsvolumina der privaten Anleger, die verstärkt in Aktien investierten. Die einbrechenden Konjunkturdaten, verschobene Unternehmensausblicke und fehlende Erfahrungen mit einer globalen, künstlich herbeigeführten Rezession machen es weiterhin schwer, einen konjunkturellen Boden zu prognostizieren. Innerhalb der Branchen wurde allerdings deutlicher differenziert. Unternehmen, die stärker bzw. längerfristig vom Lockdown betroffen waren, wie beispielweise Maschinenbau, Chemie, Tourismus und Luftfahrt, zeigten teilweise enorme Ausschläge. Erholungen waren in diesen Fällen meist nicht von nachhaltiger Dauer. Branchen hingegen, die von den Einschränkungen oder Maßnahmen profitieren, wie beispielweise Gesundheit, Technologie oder Konsum, konnten ihre Verluste wettmachen und vereinzelt sogar neue Hochs erklimmen. Auch die Ölmärkte konnten nach den historischen Turbulenzen im zweiten Quartal beeindruckende Kurssprünge verzeichnen, notieren aber immer noch weit unter den Jahresanfangsständen.
Die kurzfristigen Kurserholungen waren vor allem auf die in ihrem Umfang einzigartigen Unterstützungsprogramme der Regierungen und Notenbanken weltweit zurückzuführen. Zusätzlich unterstützt von hoffnungsvollen Frühindikatoren preisten die Aktienmärkte zuletzt eine V-förmige Wirtschaftserholung ein, wodurch, je nach Branche, teilweise sehr hohe Bewertungsniveaus erreicht wurden. Diese vielleicht zu optimistische Sichtweise könnte schnell durch Enttäuschungen bei den kommenden Quartalszahlen und Unternehmensausblicken, welche erst dann das volle Ausmaß des zurückliegenden Lockdowns abbilden, getrübt werden. Eine zweite COVID-19-Infektionswelle, verbunden mit weiteren Einschränkungen, könnte zu erneuten scharfen Kurskorrekturen führen. Die enorme Liquidität, welche sich unter anderem in hohen Geldmarktbeständen der Institutionellen widerspiegelt und weiterhin händeringend Anlagemöglichkeiten sucht, sollte hingegen Korrekturen begrenzen. Gold stieg im Berichtszeitraum mit knapp 1.800 USD pro Unze auf den höchsten Stand seit 2012 und hat aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds und der Notenbankprogramme auch zukünftig gute Chancen, die erreichten Niveaus zu verteidigen. Neben Gold zeigten sich die anderen sicheren Häfen, wie Bundesanleihen und der Schweizer Franken, ebenfalls fester.
Wir erwarten, dass die Finanzmärkte auch im nächsten Quartal im Spannungsfeld zwischen aktuellem Infektionsgeschehen und konjunkturellen Hoffnungszeichen pendeln. Am nachhaltigen Rückgang der Infektionszahlen misst sich das Erholungspotenzial der Wirtschaft. Die politischen Themen wie Handelskonflikte oder US-Wahl sind vorübergehend in den Hintergrund getreten, können aber jederzeit wieder stärker in den Fokus der Anleger geraten und für weitere Turbulenzen sorgen. Inflationsgefahren bewerten wir zumindest bis auf Weiteres noch als überschaubar. Wir reduzierten im Vorfeld der Quartalszahlen die Aktienquoten leicht, fahren aber weiterhin auf Sicht in dieser schwankungsintensiven Zeit. Das anhaltend niedrige weltweite Zinsniveau lässt dabei weiterhin die Aktie als attraktivste Anlageform erscheinen.